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Auszug aus der Mitteilung – Miteinander

Miteinander

Ein gutes Miteinander in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Haus- oder Dorfgemeinschaft, im Verein, in der Pfarrgemeinde, wo auch immer ist den meisten Menschen ein Anliegen. In Schwierigkeiten und Nöten, in Krankheit und kleinen und vor allem größeren Katastrophen ist der Zusammenhalt wichtig. Begegnungen, Treffen, Feste und gemeinsame Unternehmungen tragen zu einem Miteinander bei und lassen es wachsen. Das bedeutet jedoch für den Einzelnen einerseits, bereit zu sein, sich einzubringen mit seinen Fähigkeiten und seiner Art, und andererseits, die Anderen in ihrer Art und mit ihren Fähigkeiten anzunehmen. Wenn das (einigermaßen) gelingt, ist eine Offenheit da, einander zuzuhören, aufeinander zu hören, voneinander zu lernen. So kann eine tragfähige Gemeinschaft wachsen.

Ringen um ein gutes Miteinander

Das Ringen um ein gutes Miteinander geschieht auch im öffentlichen Leben. Regierung und Parteien kämpfen auf allen Ebenen darum. Für Vereine und Organisationen ist das Bemühen um ein gutes Miteinander immer neu eine Herausforderung. Und nicht minder für die katholische Kirche. Synodalität ist das große Schlagwort, das im Raum steht und helfen soll. Für Papst Franziskus ist die Synodalität ein Herzensanliegen. Sie gehört nach seinen Worten zum Wesen der Kirche und kann in der Begegnung, im Einander-Zuhören und in der Unterscheidung verwirklicht werden. Genau darum ging es auch den Frauen in der Gründungsphase des Apostolischen Bundes. Wenn eine tragfähige Gemeinschaft entstehen und wachsen soll, muss man sich treffen und kennen lernen, muss man sich austauschen und aufeinander hören.

BEGEGNEN

„Hoffentlich gibt’s ein frohes Treffen und Sich-Kennenlernen“, so schreibt Gertraud von Bullion in dem Brief, in dem sie u.a. zur ersten Frauentagung in Schönstatt im August 1921 einlädt. In ihrer Biografie steht: „Die Tagung schloss die sich bisher persönlich noch unbekannten Bundesschwestern zu einer treuen und begeisterten Gemeinschaft zusammen.“ Das bedeutet, dass es zu tiefen Begegnungen gekommen war, die das Innere berührt haben. Gertrauds „zugreifendes, offenes und frohes Wesen brachte die zunächst noch fremden und fern gegenüberstehenden Bundesschwestern rasch in herzlicher Freundschaft einander näher.“ Beigetragen hat sicher, dass sich Gertraud bei den Mahlzeiten stets zu einer anderen Mitschwester gesetzt hat.

Wichtig für Begegnung und Gemeinschaft waren für Gertraud die Gruppentreffen. Da dies nicht immer für alle möglich war, besuchte Gertraud ihre Mitschwestern. Trotz ihrer Krankheit nahm sie das Reisen auf sich, denn ihr war klar: „Ich kann so Fräulein B. besser unterstützen und die einzelnen Schwestern besuchen und helfen und raten, wo es fehlt.“

Schwer war es für sie, wenn sie einen Besuch nicht machen konnte: „Und wie geht es Dir sonst immer? Dass ich im Juni Euch nicht besuchen konnte, tat mir arg leid, aber ich wagte es wirklich nicht, ich war schon so müde von Aachen, dass ich den Bogen lieber nicht überspannte. Jetzt denke ich freilich, weil alles glatt gegangen ist, ich hätte es doch wagen sollen.“

ZUHÖREN

„Sie hörte interessiert zu“ – so die Aussage einer Frau, die erstmals in Schönstatt war, zufällig mit Gertraud von Bullion ins Gespräch kam und erst Tage später erfuhr, mit wem sie gesprochen hatte. Bei den Tagungen und Exerzitien in Schönstatt, die für Gertraud „Feiertage der Seele“ waren, kamen immer wieder Mitschwestern zu ihr, die ihr ihr Leid klagten. Gertraud hörte zu und tröstete sie.

Zuhören, nicht nur im direkten Gespräch, sondern auch beim Lesen der Gruppenbriefe. Um die Meinungen und Vorstellungen ihrer Mitschwestern zu erfahren, ermutigt Gertraud zum Schreiben: „Jede Anregung kommt dem Gruppenleben zustatten und bringt Leben in das Ganze. Ich freue mich schon, wieder von Euch zu hören.“ Wichtig ist jedoch: „Oberster Grundsatz unseres Gruppenlebens, die Offenheit gegeneinander, selbst wenn wir auch mal Unangenehmes zu sagen hätten. Es ist nötig, wenn wir uns gegenseitig voran helfen wollen.“ Interesse hat Gertraud auch an den Aktivitäten der Einzelnen: „Erzählt mir auch bitte von der Art Eurer apostolischen Tätigkeit.“

UNTERSCHEIDEN

Gertraud war offen für die Meinungen anderer. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, auf andere zu hören. „Wenn ich aber hartnäckig auf meiner Ansicht, meinem gekränkten Urteil bestand, musste ich später doch jedes Mal einsehen, dass ich mich geirrt hatte.“ Gertraud hat aktiv zugehört, die Meinungen aufgenommen, überdacht und erwogen. Was steckt dahinter? Um welches Anliegen geht es zutiefst? Sie war sich bewusst, dass sie auch etwas „in Kauf nehmen“ muss, was dem „Ich weniger zusagt.“ Für die Gruppenarbeit machte sie immer wieder Vorschläge für das spirituelle Leben und für die Entfaltung und Formung der Persönlichkeit und bat um Stellungnahme durch „einschlägige Anregungen oder gegenteilige Meinungsäußerungen“. Sie lernte, gut zu unterscheiden.

„Nur ein Ziel wollen wir im Auge haben, Gott und seinen heiligen Willen in jeder Beziehung.“

Maßstab ist der Wille Gottes. Gertraud bemühte sich, diesen auch in den Meinungen der anderen zu erkennen. Weisungen Pater Kolbs, des Gaudirektors, mit dem sie als Führerin in engem Kontakt stand, hatten für sie einen hohen Stellenwert. Ihn fragte sie um Rat, äußerte jedoch auch klar ihre Meinung. „Was ich aber vor allem heute möchte, ist, dass die schon so oft von mir aufgeworfene Frage einer formellen Aufnahme endlich der Entscheidung bzw. Lösung zugeführt wird. Wie ich höre, soll auch Pfingsten davon die Rede gewesen sein, ohne dass ein Resultat erzielt wurde. … Nach Besprechung mit verschiedenen Bundesschwestern möchte ich folgende Vorschläge machen und Ew. Hochwürden bitten, noch vor der August-Tagung mit Pater Kentenich und den übrigen Gaudirektoren die Angelegenheit zu besprechen, ich werde noch diese Woche an alle Gauführerinnen schreiben, damit, wenn sie im August kommen, diese Frage als erste entschieden und sofort verwirklicht wird. Die Frage zerfällt in zwei Teile: Wie denke ich mir diese Aufnahme und wer soll aufgenommen werden.“

Bei der nächsten Führerinnentagung im August 1924 wurde die Frage der Aufnahme in den Apostolischen Bund behandelt. Die Diskussionen führten zu „einmütigen und endgültigen Beschlüssen“. Zu der einjährigen Kandidatur wurde „eine weitere Probezeit von drei Jahren festgesetzt“, nach der man Vollmitglied werden kann. Darüber hinaus wurde ein Mindestalter von 25 Jahren festgelegt, eine gute Mitarbeit in der Gruppe und mindestens eine Tagung in Schönstatt. „Die Aufnahme als Vollmitglied findet nur in Schönstatt nach vorausgehenden achttägigen Exerzitien statt und gipfelt in der feierlichen Weihe an unsere Dreimal Wunderbare Mutter im Kapellchen.“ Diese Forderungen hatten als Ziel im Blick, dass die Frauen von dem Wunsche durchdrungen sein sollten, „wirklich brauchbare Werkzeuge der Dreimal Wunderbaren Mutter zu werden und sowohl im Streben nach Selbstheiligung wie auch im Apostolat dauernd ganze Arbeit zu leisten.“ Bei dieser Tagung wurden wesentliche Grundlagen für den weiteren Aufbau der Gemeinschaft gelegt.

Renate Zegowitz

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