Auszug aus der Mitteilung – HOFFNUNG
Träger der Hoffnung sein
Die Menschen brauchen Hoffnung
Unsere durch weltweite Kriege zerrüttete Menschheitsfamilie braucht Hoffnung. Die Menschen brauchen sie dringend, vor allem die, die am Rande unserer Gesellschaft stehen und wo immer mehr stranden: Migranten, Arbeitslose, von Kriegen ausgebeutete und jeder Hoffnung beraubte Kinder, Frauen und Männer. Sie brauchen die Hoffnung der frohen Botschaft, dass Gott die Welt nicht vergessen hat; im Gegenteil, dass er sie nach wie vor liebend und schützend in seiner Hand hält. Aber er braucht Träger und Mittler dieser Hoffnung und seiner Liebe. Er braucht auch uns!
Gertraud – Trägerin der Hoffnung
Gertraud von Bullion war eine solche Hoffnungsträgerin und eine optimistisch in die Zukunft blickende Frau. Weil ihre Lebenspläne immer wieder durchkreuzt wurden, hält sie ca. sechs Monate vor ihrem Tod (Nov. 1929) fest: „Die letzte Zeit habe ich recht mutlose Tage durchlebt, wo mir die Hoffnung auf Besserung und Genesung ganz geschwunden war.“ Allerdings hat sie sich durchgerungen und bald danach an Marie Heißing geschrieben: „Du siehst, ich halte das Hoffnungsfähnlein hoch, obschon ich noch keine Aussicht zum Aufstehen habe.“ Gertraud kann ihr Hoffnungsfähnlein hochhalten, weil sie zutiefst in Gott verankert war und ihre Zuversicht und Hoffnung von ihm genährt wurden. Selbst in schwersten Leidensstunden erfährt sie, dass sie mit „Aufmerksamkeiten Gottes überschüttet“ wird. „Wer alles an mich denkt, um mich zu erfreuen, jeden Tag muss ich neu staunen. Ich bin oft davon so überwältigt, dass statt Worte nur Tränen sprechen. Ich bin dann so beschämt und klein vor unserem Herrgott, zehnmal mehr, als wenn ich beichten will. Aber da ist so viel ruhige Freude dabei.“ Die Menschen sind für Gertraud zu Mittlern von Gottes Liebe und Hoffnung geworden.
Gertraud hat den Ersten Weltkrieg und das Ende der Monarchie erlebt. Sie war also auch in eine Zeit großer Umwälzungen hineingestellt. In ihrem Kriegstagebuch beschreibt sie die große Not der verwundeten Soldaten und den schweren, herausfordernden Lazarettdienst, für den sie sich freiwillig gemeldet hatte. Gertraud hat durch ihr Sein und Tun sowohl den Soldaten als auch den anderen Rote-Kreuz-Schwestern Zuversicht, Hoffnung und Freude geschenkt. Sie berichtet, dass sie vor allem aus ihrem „Amte als Sakristanin Freude, Kraft und Trost geschöpft“ hat. Dieses Amt hat sie aus Liebe zu Jesus und Maria und zur Ehre Gottes ausgeführt. Die innige Beziehung zu Jesus war ihre Quelle, aus der sie geschöpft hat. So konnte sie Hoffnungsträgerin für die ihr Anvertrauten sein.
Eine der Folgen des Ersten Weltkrieges war die große Inflation der 20er Jahre im vergangenen Jahrhundert. In dieser Zeit wuchs die von ihr mitgegründete Frauenbewegung von Schönstatt. Die finanziellen Schwierigkeiten hielten sie nicht ab, zu Tagungen in Schönstatt einzuladen. Zuversichtlich und hoffnungsvoll schrieb sie: „Zunächst ist der Verpflegungssatz noch 3000 Mark täglich. Wahrlich kaum hinreichend, die heutigen Kosten zu decken. Mitbringen von Lebensmitteln ist sehr erwünscht, auch von Brot, da markenfreies Brot so teuer ist!“ (April 1923)
In der Apostolischen Bewegung von Schönstatt wuchs in Gertraud die Liebe zu Maria und das Vertrauen auf ihre Sorge und Hilfe. In diesem Vertrauen setzte sie sich unermüdlich für den Aufbau der Gemeinschaft ein. „Mit großem Interesse verfolgte ich die Nachricht, dass der Bund in Bayern Wurzel zu schlagen scheint. Vielleicht erhört die Mutter auch mein Bitten und führt einige Frauen zum Bund. – Eine stille Hoffnung darf ich schon hegen.“
Gott wirkt mitten im Chaos – auch heute
Ein Jahr nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und mitten in zahlreichen militärischen und politischen Konflikten weltweit fragen wir uns, wohin diese Entwicklung führen wird. Es ist nicht leicht, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Woran können wir unsere Hoffnung knüpfen? Worauf uns stützen? Gerade in dieser unsicheren Welt ruft uns Papst Franziskus auf, Träger der Hoffnung zu sein und somit ein Zeichen des handelnden Gottes in dieser Welt zu setzen. Mit seinem Schreiben vom 11. Februar 2022 teilt Papst Franziskus mit, dass er das Jahr 2025, das er als Heiliges Jahr ausgerufen hat, unter das Motto „Pilger der Hoffnung“ gestellt hat.
„Die empfangene Hoffnungsfackel weiterbrennen lassen“ (Papst Franziskus )
Als Christen sind wir in besonderer Weise dazu berufen, der Welt die Hoffnung zu schenken, eine Hoffnung, die aus tieferen Quellen fließt: aus der Erfahrung der Liebe Jesu, der sein Leben hingab, damit wir das Leben haben, das Leben in Fülle (vgl. Joh 10,10). Es ist kein leeres Versprechen Jesu, sondern sein tiefstes Verlangen, das uns aus seinem Hirten-Herzen entgegen fließt, eine Verheißung, die in der Hingabe seiner Selbst gründet und in jeder Epoche Früchte trägt. Diese Hoffnung, die wir in der Taufe empfangen haben, sollen wir – so die ausdrückliche Einladung von Papst Franziskus – „weiterbrennen lassen“. Gott möchte im Chaos unserer Zeit neue Hoffnung säen. Er hat Großes mit uns, mit seiner Welt vor. Dazu braucht er Hoffnungsträger, Menschen, die wie Gertraud sich von seiner Liebe entzünden lassen. Begeben wir uns mit Gertraud von Bullion auf den Pilgerweg zum Heiligen Jahr 2025!
Dr. Alicja Kostka/Renate Zegowitz
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