Gertraud ist mir eine wirksame, frohmachende, treue, liebevolle, anregende, nach oben ausgerichtete Begleiterin. Auf einem Foto von ihr in meinem Zimmer schaut sie mich ständig an, schaut mir zu, inspiriert und bewegt mich, gibt mir Anregungen, hilft mir, macht mich hellhörig auf bestimmte Dinge und hilft, schwierige Fragen zu beantworten.

SERVIAM

Zwei Schwerpunkte treten in Gertrauds praktischem Leben hervor: das Dienen und Vorangehen – diese beiden Merkmale gelten auch für mich. SERVIAM – Dienen will ich! – war ihr Lebensprogramm. Herausragend ist ihr Dienst im Lazarett. Dort wurde sie die „Katholische Großmacht“. Als Geschenk hat ihr die Gottesmutter in ihrem Herzen das Feuer zum Apostolischen Bund entzündet. Dieses Feuer hat Gertraud in vielen jungen Frauen entzündet und weitergetragen. In ihrem Herzen wurde der Apostolische Bund für Frauen schon damals ins Leben gerufen.

Vorangehen

Gertraud ging immer voran. Als Gruppenführerin hat sie ständig Kontakt mit den ihr Anvertrauten gepflegt, hat ihnen spirituelle Anregungen gegeben, sie besucht, um das Leben wahrzunehmen. Sie hat sie bestärkt, mit ihnen gebetet und ihnen praktische Hilfe angeboten. Gertraud wusste sich verantwortlich und hat alle Kraft gegeben, vor allem ihre Liebe zur Gottesmutter und zum Heiligtum.

Marienliebe

Diese Liebe tritt am stärksten hervor. Sie ist originell und urpersönlich, sie ist einzigartig, vorbildhaft und emporbildend. In Gertrauds Herz hat ein Feuerbrand zu Maria gelodert. Darum ließ sie sich auch auf den 8. Dezember, dem Hochfest der Unbefleckt Empfangenen Gottesmutter, ein, um die Weihe an die Dreimal Wunderbare Mutter zu tätigen. Ihre Liebe ist Ganzhingabe und Ganzpreisgabe. So betete sie bei der feierlichen Lebensweihe im Jahr 1925: „Ich bin nun dein, o Königin, unwiderruflich dein! Nun wisse aber auch, dass ich nichts inniger begehre, als durch dich mich in vollkommenster Weise, so wie nur du dies vermagst, Jesus, deinem gekreuzigten Sohne, zu schenken.“

Vorbild und Hilfe

Gertraud ist mir auch Vorbild und Hilfe in der Meisterung des Krankseins. Von ihrer Ganzhingabe nahm sie nichts zurück. Sie blieb dem treu, was sie bei ihrer Weihe betete: „Zeichne mich mit dem Kreuze zu deiner Braut und Kämpferin … fordere von mir, was du willst, siehe, hier bin ich.“

Mein SERVIAM und Vorausgehen

Auch mein Lebensprogramm heißt Dienen durch meinen Gottesauftrag als mütterliche Verantwortliche in meiner Gemeinschaft, dem Schönstatt-Frauenbund. Meine Mitschwestern sind mir anvertraut. Jede erwartet Liebe, Hochherzigkeit, Vertrauen. Das heißt: selbstlos sein, alle Kräfte verschenken wie es Gertraud getan hat. Jede will geführt werden. Gertraud hilft mir vor allem im Praktischen: z. B. wenn ich ihnen Briefe schreibe und Anregungen für das spirituelle Leben im Alltag geben soll. Was schreibe ich, wie schreibe ich es. Vor jedem Brief bitte und bettle ich Gertraud, sie möge mir helfen, sie soll die Sätze formulieren, so dass sie ansprechen und jede Mitschwester etwas damit anfangen kann. In dieser verantwortlichen mütterlichen Aufgabe muss auch ich vorausgehen. Ich muss das Streben aufzeigen, einladend aufleuchten lassen. Ich muss es vorleben – nur darin besteht mein Vorausgehen.

Von 1958-1960 habe ich zwei Jahre wegen Drüsen-TBC im Willhelmsstift zu Isny gelegen, dem Krankenhaus, in dem Gertraud vom 1. Oktober 1929 bis ihren Tod am 11. Juni 1930 war. Die Hauskapelle war damals noch so wie Gertraud sie erlebt hat. Später wurde dieses Krankenhaus gründlich saniert, auch die Kapelle größtenteils verändert. Schon damals hat mich Gertraud mit ihrem Feuer der Ganzhingabe infiziert!

K. G., Deutschland