Mitteilung – Hoffnung

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Auszug aus der Mitteilung – Hoffnung


„Sei tapfer, denn wo Fremdes, gibt es immer Hindernisse zu überwinden, und meine Stimmung wechselt noch öfters fast wie das Wetter“

Worte einer Frau, deren kurzes Leben die Tbc dahinraffte. Trotzdem hoffte Gertraud von Bullion bis zuletzt. In den Jahren ihrer Krankheit verbrachte sie mehr Zeit in Kliniken und Liegekuren als im normalen Leben. Besonders schwer war es ihr zu sehen, wie ihre Gemeinschaft in Schönstatt ohne ihr aktives Zutun weiterwuchs. War sie doch immer eine Frau der Tat, selbst als sie im Lazarettdienst stand, ließ sie sich nicht abschrecken von Leid und Elend. Sie, die die Fahne der Hoffnung für unzählige verwundete Soldaten hochhielt, brauchte nun selbst ein Hoffnungslicht. Heute mag es leicht erscheinen, im Zeitalter von Internet und Skype miteinander in Kontakt zu treten.

Zu Gertrauds Zeiten dauerten selbst Briefe eine halbe Ewigkeit. Und so war der Großteil ihres Tages auf dem Krankenlager von Alleinsein und Einsamkeit geprägt. Jeder, der einmal krank und ans Bett gefesselt war, weiß, wie zermürbend schon ein einziger Tag sein kann, an dem nichts geschieht: keine Post, kein Besuch, kein Gruß. Sie wäre nicht Gertraud gewesen, hätte sie sich nicht auch dagegen aufgelehnt. Der Lebensanker Hoffnung – darum muss gerungen werden. Also betete sie umso mehr und übte sich darin, im kleinsten Sonnenstrahl einen Gruß Gottes zu erkennen. Wenn auch menschlicher Besuch rar war, Gott hatte immer für sie Zeit. Daraus konnte sie Kraft schöpfen. Hierin lag der Schlüssel ihrer Hoffnung auf einem schier hoffnungslosen Krankenlager.

Uns fesselt vielleicht nicht eine schwere Krankheit ans Bett. Dennoch muss jeder von uns seine eigene, urpersönliche Kreuzerfahrung machen und sich prüfen lassen, ob er imstande ist, den Hoffnungsfunken in sich am Leben zu erhalten und immer neu zu nähren. Altes vergeht und mit ihm unsere Träume und Sicherheiten. Wie dankbar können wir dann sein, wenn wir festhalten können an dem Glauben, dass Gott weiß, was für seine Kinder das Beste ist. Hoffnung ist keine Tagträumerei, sondern erprobtes Ausharren in den Widrigkeiten des Lebens. Wir alle haben Hoffnung. Nicht immer riesig, aber einen kleinen Funken tief in uns drinnen. Auch im Regen, wie Gertraud. Ja, gerade im Regen ist Gott bei uns. Wo menschliche Hilfe versagt, uns der Boden unter den Füßen wegrutscht, wirft er uns das rettende Seil zu und entzündet ein Licht. Das Licht der Hoffnung in uns. Unermesslich ist das Leid, womit das Leben uns konfrontiert. Schaut man auf die Nachrichten, könnte man meinen, die Welt sei ein einziges Schlachtfeld der Hoffnungslosigkeit.

Auch Gertrauds Leben glich einem Schlachtfeld. Aber eines, das auch gespickt war von Tagen der Gnade und der Freude. Welch unbändige Freude bereiteten ihr die Briefe ihrer Mitschwestern, vor allem wenn sie aus Schönstatt berichteten. Schönstatt, wie sehnte sie sich danach. Konnte sie von ihrem Krankenlager auch nicht hinreisen, wann und wie sie es gern wollte, so besuchte sie ihr Kapellchen unermüdlich in ihrem Herzen. Jeder Freudenstrahl und jedes noch so kleine Erlebnis gingen durch ihr Herzensheiligtum, wurden zu Gnade und Hoffnung. Für sie selbst, aber auch für viele andere Menschen. Und wurden ihr keine äußeren Geschenke zu Teil, so blickte sie auf Gott und ließ sich anrühren von seiner Güte und Wärme. Alles wurde verwandelt, alles wurde Hoffnungsträger. Selbst die mitunter wenig schmackhafte Krankenkost wurde so zum Festmahl und zur Portion Hoffnung, die Gertraud mit jedem einzelnen Löffel in sich aufnahm. Um Hoffnung auch im Dunkel zu sehen und zu fühlen, müssen wir unser Herz öffnen für Gott.

Denn mit den Augen Gottes sehen wir sie – still und verborgen – die kleinen Hoffnungslichter. Wir können, ja, wir müssen sie entdecken. Unsere Hoffnungslichter: ein Kinderlachen, eine Umarmung, ein aufmunternder Blick, ein Wort des Dankes. „Der liebe Gott ist voll Aufmerksamkeit.“ sagte Gertraud von Bullion. In seiner liebenden Aufmerksamkeit ruht unsere Hoffnung. „Ich will ganz Kind sein und den Vater sorgen lassen.“ Hoffnung – wie ein Leuchtturm, wie unser Leuchtturm, der die Dunkelheit erhellt.

Nadine Feyer

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