Seid wachsam!

Impuls zum Advent

Im Evangelium für den 1. Adventssonntag lädt uns Jesus ein, wachsam zu sein. Er tut es mit dem Gleichnis von einem Mann, der sein Haus verließ, auf Reisen ging und den Knechten die Vollmacht über sein Haus übertragen hat (Mk 13, 33).

  • Welche Assoziation haben Sie, wenn Sie diese Worte hören?
  • Empfinden Sie es als Mahnung, die der unerwarteten Wiederkehr des Hausherrn standhalten soll?

Beim tieferen Lesen der Perikope eröffnet sich jedoch ein Horizont des Vertrauens und einer freudigen Erwartung. Mit dem Gleichnis deutet Jesus die Art der Verbindung, die zwischen Gott und den Menschen besteht. Es ist eine vertrauensvolle Beziehung, die auf die Erwartung des Je-Anderen ausgerichtet ist. Der Mensch darf Gott erwarten, der ihm viel anvertraut hat. Aber auch Gott erwartet den Menschen, dem er viel zutraut. Dabei geht es keineswegs um eine Erwartung in Angst und Misstrauen. Im Gegenteil, sie soll geprägt sein von der Freude auf das Kommen des Herrn. Er möchte mit seiner Liebe zu uns Menschen kommen! Mit dieser Liebe möchte er uns jeden Tag beschenken und überraschen. Sind wir bereit, sie zu empfangen? Auch dafür ist wachsam sein notwendig.

Diese Grundhaltung ist in Gertraud von Bullion lebendig. Sie drückt sie ihrer Freundin Clara Effelberger gegenüber mit den Worten einer zeitgenössischen Schriftstellerin, Marie Feesche (1871-1950), deutlich aus:

„Denke daran, dass die Kraft, die dich trägt durch dein Leben, nicht heißt:

‚Ich liebe den Herrn!‘, sondern: ‚Der Herr liebet mich!'“

Mit diesen Worten vom 15. 12. 1924 verbindet Gertraud von Bullion ihren Adventsgruß an ihre Freundin. Mögen Sie diese Worte zum Beginn des Advents erreichen und Ihnen die Gabe, ja die Grundhaltung der Wachsamkeit schenken, damit Sie seine Überraschungen der Liebe im Alltag wahrnehmen können.

Gesegnete Adventszeit mit vielen Überraschungen!

Alicja Kostka