Selbstverständlich zupacken

Gertraud von Bullion

Wer, wenn nicht ich?

Wann, wenn nicht jetzt?

Was, wenn nicht den Willen Gottes erfüllen?

Besonders sympathisch finde ich an Gertraud, dass sie immer ganz selbstverständlich zupackt. Ein paar Beispiele sollen das veranschaulichen:

  • Sie, die Gräfin, meldet sich freiwillig zum Dienst im Lazarett. Der Dienst in der Krankenpflege in der Nähe der Front ist sicher nicht einfach. Die Soldaten haben einiges mitgemacht, die Verwundungen beschränken sich nicht auf einfache Fälle. In dieser Situation freut sich Gertraud auch an Kleinigkeiten, die sie für „ihre“ Soldaten organisieren kann. Das reicht von einer Sonderration Äpfel über den Dienst in der Waschküche bis zur Gestaltung einer kleinen Kapelle und den Liedproben für Festtage. Oft ist sie bis in die Nacht hinein und mit ihrer ganzen Kreativität gefordert.
  • Im Lazarett lernt sie die Schönstattbewegung kennen, die bis dahin nur aus den Studenten des Studienheimes der Pallottiner in Vallendar besteht. Sie empfindet diesen Kontakt als so wertvoll und inspirierend, dass sie so lange „bettelt“, bis auch für Frauen eine Möglichkeit geschaffen ist, sich der Gemeinschaft anzuschließen.
  • Beim Aufbau des Apostolischen Bundes für Frauen ist sie aktiv mit dabei: Sie schreibt ungezählte Briefe, organisiert, macht Vorschläge, wie man die Fahrt nach Schönstatt in der armen Zeit nach dem 1. Weltkrieg finanzieren könnte, holt Mitschwestern mit dem Leiterwägelchen vom Bahnhof ab und vieles mehr.
  • Außerdem wird sie in der Familie gebraucht: Auch hier ist sie immer bereit, z.B. zur Pflege und Betreuung ihres kranken Vaters. Die größte Sorge ist ihr allerdings, dass er ihren Glauben nicht teilt. Dass sie hier außer ihrem Gebet so wenig einsetzen kann, fällt ihr besonders schwer.
  • Durch Tuberkulose und die Sorge um eine mögliche Ansteckung anderer wird ihr Bewegungsradius eingeschränkt. Die damals übliche Behandlungsmethode besteht oft aus Liegekuren in guter Luft. Wieder sind es viele Briefe und kleine Zeichen, die sie – nicht nur an die Mitschwestern – weitergibt. Keine Not lässt sie unberührt. Wo immer es möglich ist, sorgt sie für Hilfe und Trost.

Bei all dem geht es ihr aber nicht um Aktionismus oder gar Geltungsbewusstsein – im Gegenteil, sie möchte ein kleiner unsichtbarer Stein im großen Bau sein. Kraftquellen und Beweggrund sind ihr tiefer Glaube, die innige Teilhabe an der Eucharistie und eine große Sehnsucht, den Willen des Vaters zu erfüllen. Die Gottesmutter nimmt sie im Liebesbündnis an die Hand und hilft ihr zu wachsen und zu reifen. Noch kurz vor ihrem Tod kann sie so bekennen: Ich nehme keinen Buchstaben meiner Weihe zurück.

Unsere Zeit kennt andere Herausforderungen. Aber ich bin sicher, jede und jeder von uns ist gefragt und kann ganz praktisch an einer guten Zukunft mitbauen.

M.S., Deutschland

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