Krank und ansteckend

Am 11. Juni 1930 stirbt Gertraud von Bullion nach einer langjährigen Krankheits- und Leidenszeit. In ihrem Sterben war sie mit einer furchtbaren Atemnot konfrontiert. Anfang des Jahres 1921 bekam Gertraud die Diagnose, dass sie an Tuberkulose erkrankt ist. Mit diesem Krankheitskeim wurde sie im Ersten Weltkrieg bei ihrem Dienst als Rote-Kreuz-Schwester angesteckt. Von nun musste sie mit dieser Krankheit leben und erfahren, was es bedeutet infiziert und ansteckend zu sein.

„Manchmal graut mir…“

So kam es vor, dass man ihr bei Tagungen das Essen auf ihrem Zimmer servierte oder dass man sie davon abhielt, bei der Küchenarbeit mitzuhelfen. Um keine Krankheitskeime zu verbreiten, desinfizierte sie alles, was sie in ihrem Zimmer benutzt hatte und unterließ Besuche bei lieben Menschen, was sie sehr schmerzte. Gertraud, eine aktive Frau, litt sehr unter dem Kranksein.

„Manchmal graut mir vor dem Gedanken an die Zukunft, immer wieder krank zu sein, unfähig zu irgendwelchen nennenswerten Leistungen…“

schrieb sie und fügte im Blick auf Jesus hinzu

„Hat ihm nicht das Grauen vor dem Leiden blutigen Angstschweiß ausgepresst? Er kennt das Grauen der Natur und hilft es zu überwinden.“

Aufenthalte in Sanatorien

Gertraud suchte immer wieder in Sanatorien Hilfe und hoffte sehr, gesund zu werden. Ihr letzter Kuraufenthalt begann am 1. Oktober 1929 im Krankhaus Wilhelmstift in Isny/Allgäu. In dieser Zeit hatte sie oft hohes Fieber, manches Mal wochenlang. Sie war sich ihrer ernsthaften Erkrankung bewusst und wünschte „nichts sehnlicher, als das Leben bald zu beschließen“. Kurz vor Weihnachten stirbt eine junge Zimmernachbarin. Sie ist erstickt. Gertraud ist auf alles gefasst.

Unfähig

Ab Januar 1930 war Gertraud unfähig, selbst zu schreiben. Ihre Gedanken kreisten um das Sterben. Am 24. Januar diktierte sie:

„Seit Weihnachten ist alles fremde Hand. Es scheint in der letzten Zeit, als ob 40 und 40,5 Fieber zur Tagesordnung zählten… Ich bin auf alles gefasst, bei dem Fieber kann’s ja mal rasch gehen…“.

Zukunftspläne

Trotzdem hoffte sie immer wieder auf Genesung und wehrte sich gegen den Gedanken an den Tod. Trotz Schmerzen machte sie Pläne für die Zukunft. Die Ärzte rechneten bereits Anfang Mai mit ihrem Sterben. Sie aß fast nichts mehr, hatte fortwährend hohes Fieber und Schüttelfrost. Anzeichen, die das gefährliche Stadium der Krankheit kennzeichnen.

Abschied

Die Pfingsttage waren wahre Martertage. Man rechnete mit ihrem Sterben. Gertrauds Verwandte kamen, um Abschied zu nehmen. Fräulein Betz blieb, um ihr beizustehen. Nachdem sie drei Tage und Nächte an ihrem Krankenbett verbracht hatte, drängten die Ärzte auf einen Spaziergang an der frischen Luft. Sie brachte Gertraud einen Strauß Blutströpfchen; Blumen, die sie so sehr liebte.

Sterben

„Blutströpflein, ach, Blutströpflein, sagt sie immer wieder, behält den kleinen Strauß in der Hand und streichelt die Blüten, die ihr in diesen Stunden wohl ein Symbol sind. Dann nimmt sie noch etwas Mehlbrei, nachdem sie während der Pfingsttage nichts als ein wenig Apfelsinensaft genossen hat. Bald danach stellt sich eine furchtbare Atemnot und Herzschwäche ein; sie stöhnt so laut, dass die Patienten aus den anderen Stockwerken sagen lassen, sie könnten es nicht mehr mit anhören. Daraufhin willigt Gertraud ein, dass der Arzt ihr eine Spritze gibt, die sie zuvor trotz ihrer Schmerzen immer zurückgewiesen hatte. Von halb neun Uhr abends ab setzt der Todeskampf ein, der so furchtbar und hart ist, dass es scheint, als leide Gertraud nicht mehr natürlicherweise, sondern als müsse sie ein außernatürliches Sühneleiden ertragen. Gegen drei Uhr in der Frühe schlummert sie dann ergeben und still hinüber. Es ist Pfingstmittwoch, der 11. Juni 1930.“ (Biografie, S 188)

Fürsprecherin

Gertraud von Bullion hat selbst erfahren, was es bedeutet krank und ansteckend zu sein. In ihrem Sterben war sie mit einer furchtbaren Atemnot konfrontiert. Wir laden Sie ein, auf ihre Fürsprache zu vertrauen und sie in den vielfältigen Nöten der Corona-Pandemie um Hilfe zu bitten.

Himmlischer Vater,
deine Vaterliebe schenkt der Kirche immer wieder Menschen wie Gertraud von Bullion, die uns ein Leben aus dem Glauben überzeugend vorleben. Deine Gnade konnte sie vollenden, weil sie feinhörig deiner Führung in guten und schweren Tagen folgte. Sie wurde groß in der Liebe zu Jesus, deinem Sohn, und gedrängt, die Welt seiner Liebe zu erobern. Der Gnadenmutter von Schönstatt geweiht, ist sie in das Bündnis mit dir hineingewachsen, fähig und bereit, ihren Taufbund täglich zu leben. In ihrer Krankheit musste sie sich immer wieder neu in das JA zum Willen Gottes hineinkämpfen. Im Vertrauen auf den liebenden Vatergott und auf die Hilfe der Gottesmutter reifte sie zur inneren Lebensfülle.
In dieser Zeit der Corona-Pandemie vertrauen wir auf die Fürsprache Gertrauds und bitten um ihre Hilfe für alle Erkrankten, Sterbenden und Trauernden, für alle in der Pflege und Forschung Tätigen, für alle, die von Ängsten geplagt sind, für alle, die in finanzielle Not geraten sind, für…

 

Höre ihre Bitte, und hilf mir in meinem besonderen Anliegen…
 Schenke Gertraud von Bullion bald die Ehre der Altäre zu deiner Ehre, zum Lob Mariens, unserer Mutter, zum Heil für uns und viele Menschen. Amen.

Ergänztes Gebet aus der Novene um Fürbitte und Seligsprechung Gertraud von Bullions.

 

Renate Zegowitz


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