Auszug aus der Mitteilung – Wort
Wie viele Worte braucht der Mensch?
– Diese Frage habe ich vor kurzem irgendwo gelesen. Sie hat mich sehr nachdenklich gemacht. Wir machen oft viele Worte und sagen doch nicht viel. In manchen Situationen genügt ein Wort und die Sache ist klar. Worte können trösten. Worte können zum Streit führen. Worte können Gemeinschaft stiften. Worte bewirken etwas. Vielleicht haben Sie schon einmal gedacht: Hätte ich das oder jenes doch nicht gesagt. Ich hatte die beste Absicht. Was ist nun daraus geworden? Trotzdem, wir brauchen Worte, um uns mitzuteilen, um Kontakte zu knüpfen, um Beziehungen zu pflegen – gesprochene Worte, schriftliche Worte.
„Der Mensch lebt nicht nur vom Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4).
Das Mensch gewordene Wort Gottes
Diese Aussage Jesu im Kampf gegen den Versucher weist auf die bleibende Bedeutung des Wortes Gottes für die Menschen aller Völker und Zeiten hin. In den Worten der Bibel, der Heiligen Schrift der Christen, ist die göttliche Offenbarung festgehalten. Sie berichtet uns über das Leben und Wirken Jesu. Er selbst ist das Mensch gewordene Wort Gottes.
„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14).
Der Raum ist unser Herz.
An Weihnachten feiern wir die Menschwerdung des Wortes Gottes. Der Advent will eine stille Zeit sein, eine Zeit, in der wir uns auf dieses Fest vorbereiten, in der unsere vielen und oft auch lauten Worte verstummen sollen, um dem einen Wort Gottes einen Raum zu schaffen, in den hinein es geboren werden kann. Dieser Raum ist unser Herz.
„Lasst uns ein starkes Verlangen wachrufen nach der Ankunft des göttlichen Kindes.“
Gertraud von Bullion hat Jesus, dem menschgewordenen Wort Gottes, schon sehr früh diesen Raum ihres Herzens überlassen. Mit einer großen inneren Offenheit und einer tiefen Sehnsucht ist sie auf den Tag ihrer Erstkommunion zugegangen. Im Ersten Weltkrieg erlebt sie Weihnachten im Kriegslazarett. Ihr ganzes Bemühen richtet sich darauf, das eigene Herz zu einer Krippe zu bereiten. Jesus, das menschgewordene Wort Gottes, soll aber auch in die Herzen der ihr nahe stehenden Menschen einziehen. Deshalb regt sie an: „Wir wollen (ja) recht viele kleine Überwindungen und Opfer zusammentragen, um Jesus in unser Herz zu ziehen. Recht groß und warm muss unser Herz werden.“
Gertraud war mit der Bibel sehr vertraut und hat ihr Leben nach dem Wort Gottes ausgerichtet. In ihren zahlreichen Briefen finden wir die Inhalte der Heiligen Schrift angewandt auf das alltägliche Leben. Sie schreibt:
„Wir sehen an der lieben himmlischen Mutter aber auch das Apostolat des gütigen, helfenden, tröstenden Wortes. Wie errät sie die Verlegenheit der Brautleute und hilft durch ihren Rat und ihre Bitte.“
In der Zeit ihrer schweren Krankheit stehen Gertraud Martha und Maria, die Schwestern des Lazarus’, vor Augen. Sie stellt fest: „Ja, früher, das stimmt, war ich nur Martha, die, wenn die Emsigkeit so weitergegangen wäre, vielleicht doch das eine Notwendige vergessen hätte. … Bloß Maria sein, das kann ich nie, glaube ich, die Liebe drängt, sie muss wirken.“
Möge die Advents- und Weihnachtszeit sowohl vom „Mariasein“ als auch vom „Marthasein“ geprägt werden.
Renate Zegowitz
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