Mitteilung – Wege

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Auszug aus dem Mitteilung – Wege


Urlaub ohne Navi

Die Fahrt mit dem Auto in den Urlaub ohne Navi kann Überraschungen bieten, wenn die Route unbekannt ist. In einem fremden Land führt die besser ausgebaute Straße schon mal zur Mülldeponie. Dort gibt es zwar eine wunderbare Aussicht auf das Meer, aber es ist eine Sackgasse. Dann heißt es umkehren und die richtige Straße suchen, um dem Urlaubsziel näher zu kommen. Als Radfahrer kann man in unbekannten Gegenden die Erfahrung machen, dass die Wege nicht so sind, wie man sich das vorgestellt hatte. Einige Hügel sind zu erklimmen, die aber nach dem anstrengenden Anstieg an heißen Tagen Vergnügen bereiten durch den kühlen Fahrtwind bei der Abfahrt. Feldsteinpflaster und Sandwege, Baumwurzeln oder sumpfige Wege machen das Fahrradfahren schwer. Allerdings sind diese Radwege auch abwechslungsreicher als eine ebene, schnurgerade, asphaltierte Straße.

Der Weg, den er für mich gezeichnet hat

Ähnliche Erfahrungen machen wir auf unserem Lebensweg. Wege, die wir in der Kindheit und Jugend geführt wurden, haben Weichen gestellt. Gerade die Zumutungen und Herausforderungen sind oft die interessanteren Lebenserfahrungen. An ihnen reifen wir zu originellen Persönlichkeiten. Manche Umwege müssen wir in Kauf nehmen. Mancher Berg ist zu überwinden, mag es sich um berufliche Anstrengungen handeln, um mangelnde Gesundheit, um Existenzängste oder Beziehungsprobleme. Oft kommt es ganz anders, als wir es uns erträumten. Hoffnungen werden enttäuscht. Wir sehnen uns nach Hilfe und Weggeleit.

Auch Gertraud von Bullion sucht lange nach dem Weg,

den Gott für sie vorgesehen hat. Ihren Wunsch, Missionsschwester zu werden, kann sie nicht verwirklichen. Zuerst nimmt der Ausbruch des Ersten Weltkrieges sie als Rote-Kreuz-Schwester in die Pflicht. Dann pflegt sie ihren kranken Vater. Außerdem ist die Lungentuberkulose, die sie sich im Kriegslazarett zugezogen hat, ausgebrochen. Sie schreibt: „Ich habe noch keine Pläne, denn sooft ich solche fasste, hieß es, sie unter Schmerzen aufgeben. Kind soll und will ich werden, also lasse ich den Vater im Himmel sorgen!… Freilich, als Mensch kann ich das Sorgen und Denken nicht gleich lassen, aber ich müh‘ mich drum, sorglos zu werden und ganz ihm zu vertrauen. Ich brauche nur die Gnade seines Lichtes und dann die Kraft, den Weg zu gehen, den er jetzt für mich gezeichnet hat“ (Aus ihren Briefen und Schriften, S. 284).

Gertraud leidet darunter, nichts tun zu können.

Sie möchte gerne aktiv sein und etwas bewegen. „Nichtsdestotrotz gibt es schwere Tage und Stunden, wo ich das Still-Liegen und Warten aufs Gesundwerden elend satt habe“ (a. a. O., S. 299). Sie ist eine glaubensstarke Frau. Sie lässt sich nicht unterkriegen trotz der widrigen Umstände, mit denen sie zu kämpfen hat. Ihr Glaube an einen liebenden Vatergott wird dadurch nicht erschüttert. Sie geht den Weg des Glaubens auch in Dunkelheit. „Ich bin manchmal recht verzagt. Es ist bei mir ein tägliches Neuanfangen und ein Wandern in Dunkelheit, aber ich will ganz Kind werden in meinem Glauben, im Vertrauen und in der Hingabe“ (a. a. O., S. 461).

Im Glauben gewagt

Unser persönlicher Glaubensweg ist keine ebene, asphaltierte Straße. Wie bei einer Fahrt durch unbekanntes Gelände müssen wir uns auf das Abenteuer einlassen. Haben wir aber den Mut zum Wagnis des Glaubens, dann überrascht Gott uns immer neu mit Beweisen seiner übergroßen Liebe. Manchmal können wir uns nur tastend fortbewegen. Aber wir dürfen sicher sein, ER kennt den Weg, ER hat ihn für uns vorgesehen. Gott ist unser Wegbegleiter. Er führt uns sicher ans Ziel. Gertraud von Bullion weiß sich von Gott begleitet. Sie bezeugt: „Damals habe ich erfahren, wie wunderbar Gottes Wege sind. Überhaupt, wenn unsere Augen sehen würden im Licht lebendigen Glaubens, wir könnten nicht genugsam staunen und Gottes Güte preisen“ (a. a. O., S. 101).

Renate Steinhöfel

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